Psychohygiene durch den Ramadan

Der Fastenmonat Ramadan ist eine Schule, die für jede und jeden, der ihn annimmt, ein Erfahrungsfeld ist. Auch diejenigen, die in diesem Monat aus gesundheitlichen Gründen nicht fasten können, können auf der geistigen Ebene Enthaltsamkeit üben. Denn der Ramadan ist nicht allein ein Monat, in welchem man nichts isst und nichts trinkt, sondern auch ein Monat, wo Frau und Mann an ihrem Verhalten, an ihren Fehlern arbeiten und vor allem Geduld und Standhaftigkeit üben.
Er ist eine Herausforderung, da sich der Mensch in eine Art von innere Quarantäne begibt. Er achtet mehr denn je darauf in den zwischenmenschlichen Beziehungen achtsam zu sein, nicht zu beleidigen oder gar die Stimme zu erheben, sich besser unter Kontrolle zu halten und Empathie für sozial schwache und hungernde Menschen zu entwickeln.
Es sollte hier noch erwähnt werden, dass der Ramadan gesamt einen Cut im Alltag darstellt. Alles was routinemäßig elf Monate erfüllt wurde, das ganze Zeitmanagement, viele Gewohnheiten, werden auf den Kopf gestellt. Es heißt sich zu reorganisieren und sich der neuen Situation anzupassen. Das hilft in Zeiten von Krisen.
Was hat all das nun mit Psychohygiene zu tun? Meine These ist, dass der Monat Ramadan individuell die Resilienz des Menschen stärkt , welche ein wichtiger Bestandteil der Psychohygiene ist. Zur Resilienz gehört laut dem Soziologen Aaron Antonovsky unter anderem der Schutzfaktor Koheränzgefühl. Kohärenzgefühl beinhaltet laut Antonovsky Verstehbarkeit (Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen), Bewältigbarkeit (Fähigkeit mit Ereignissen umzugehen), Sinnhaftigkeit (die Akzeptanz, dass alle Geschehnisse einen Sinn haben).
Diese Schutzfaktoren sind im Fastenmonat wieder zuerkennen und werden ein Monat lang trainiert. Der Cut in das alltägliche Leben fordert den Menschen in einer sehr behutsamen Form heraus: Menschen sind gefordert Strategien zu entwickeln um den Alltag zu meistern. Sie sind gefordert den Sinn, die Absicht in ihren Handlungen zu hinterfragen und zu reflektieren. Das Vertrauen in einen Schöpfer und der Versuch Ihm näher zu kommen unterstützt die Menschen das anzunehmen was auf sie zukommt. Der muslimische Fastenmonat ist also alles andere als bequem. Wird er gut genutzt, fordert er die Komfortzonen und öffnet neue Perspektiven und Möglichkeiten mit Herausforderungen umzugehen.
In Krisenzeiten, wie die momentane „Corona-Zeit“, sind die Menschen im Ramadan vor allem durch die sozialen Distanz gefordert neue Möglichkeiten des sozialen Engagements und des Teilens zu entwickeln. Dieses Training, mit der Absicht sich Gott zu nähern, stärkt die Resilienz jedes Einzelnen individuell und ist Sinn stiftend.
Mag.a Zeynep Elibol lebt & arbeitet in Wien; Sie ist Expertin der islam. Seelsorge, Erziehungswissenschafterin , Lebens-und Sozialberaterin i.A.u.SV, Burnout Prophylaxe Trainerin & Expertin für palliativ Care und spiritual Care